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Gregor Heilmaier, Unternehmenskultur, Unternehmer, Führung, Führungskraft, Business

Betäubungsmittel Workshop: Wie Sie Ihre Unternehmenskultur wirklich weiterentwickeln

Das Thema Unternehmenskultur und seine Bedeutung für den Erfolg ist seit ein paar Jahren in aller Munde. Im Zuge dessen sind unglaublich viele Projekte auf den Weg gebracht worden, um die eigene Unternehmenskultur zu „entwickeln“ – vielleicht auch in Ihrem Unternehmen. Doch das ist ein brandgefährliches Unterfangen!

Arbeitsziel: Verschlimmerung

In diesen Unternehmenskultur-Projekten wurde und wird in der Regel herausgearbeitet, welche Änderungen oberflächlich wünschenswert wären. Daraus entstehen Klassiker wie „Wir gehen fair und offen miteinander um“ oder auch „Wir kommunizieren und entscheiden transparent“.

Was sich in solchen Sätzen zeigt, ist jedoch lediglich, dass dieses Verhalten anscheinend bisher nicht Bestandteil der gelebten Kultur ist. Solche Workshops bringen deshalb nur ans Licht, was nicht funktioniert. Es wird formuliert, was moralisch gut und sauber wäre – doch das hat noch nichts mit einer Umsetzung zu tun. Sie werden sehen: Der A gibt dem B weiterhin nicht offen Feedback, sondern erzählt lieber C, was der B schon wieder für einen Mist gebaut hat.

Das Gefährliche daran ist, dass nun der eigene Anspruch in Worte gefasst ist und am besten auch noch ausgedruckt an der Wand hängt. Die Diskrepanz zum tatsächlichen Verhalten, das unverändert die gelebte Praxis bleibt, wird dadurch erst richtig offenbar. Wenn die Führungskraft, die bekanntermaßen über Leichen geht, vor versammelter Mannschaft einen fairen Umgang predigt, überzeugt er damit auch den letzten Mitarbeiter, dass sich an der Kultur in diesem Unternehmen nie etwas ändern wird.

Solche Workshops haben die Lage also verschlimmert. Ich glaube aber, dass ihre ungebrochene Beliebtheit einen anderen Grund hat …

Entwicklungsziel: Betäubung

Wenn Menschen sich in ihrer Persönlichkeit entwickeln, sehen sie sich immer wieder mit Erfahrungen, mit Situationen und auch mit sich selbst konfrontiert, was sie herausfordert. Sie können sich jeweils entscheiden, ob sie sich dem stellen – was nicht angenehm ist, aber ein notwendiger Akt für die Weiterentwicklung – oder ob sie der Konfrontation mit sich selbst ausweichen. 

Dieses Ausweichen kann auch in Form von Betäubung geschehen: Viele greifen zum Beispiel zu Alkohol oder anderen Drogen oder sie schütten sich mit Arbeit zu, um sich von dem Schmerz abzulenken. Das bringt sie nicht weiter, im Gegenteil. Sie tun es trotzdem, häufig wider besseres Wissen.

Im übertragenen Sinn ist das in der Organisationskultur ähnlich: Workshops, wie ich sie oben geschildert habe, können Sie als eine Art Betäubungsmittel sehen. Jeder weiß, dass etwas im Argen ist, doch keiner will genauer hinsehen. Mit Hilfe solcher Workshops können die Beteiligten das unangenehme Gefühl betäuben. Sie können sich gegenseitig auf die Schulter klopfen und sagen: „Seht her, wir sorgen ja dafür, dass etwas passiert.“ Doch in Wahrheit passiert dadurch nichts, weil nur an der Oberfläche gekratzt wird. Die Situation verschlimmert sich sogar.

Da gibt es nur ein Mittel, das hilft, und das ist kein Betäubungsmittel.

Unternehmensziel: Entwicklung

Bei der Persönlichkeit wie in der Firma gilt es, die schwierigen Themen wahrzunehmen, offen anzusprechen und unangenehme Gefühle, die dabei hochkommen, erst einmal auszuhalten. Dabei lässt es sich leichter und zielführender über ganz konkrete Fragen miteinander sprechen als über abstrakte Wertformulierungen. Regen Sie an, dass in den Teams zum Beispiel folgende Fragen gestellt und gemeinsame Antworten gefunden werden: Wie diskutieren wir aktuell miteinander – und wie wollen wir das in Zukunft tun? Wie wollen wir nicht miteinander umgehen – und wie wollen wir es denn haben? Wie kommen Entscheidungen derzeit zustande – und in welchen Situationen sollten wir das anders lösen? 

Dazu brauchen Sie keinen hochoffiziellen Unternehmenskultur-Workshop. Sie brauchen dazu nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Bereitschaft von Unternehmen und Mitarbeitern, sich ehrlich diesen Fragen zu stellen. Dann kann die Entwicklung auf allen Ebenen beginnen. Alles andere ist nur Betäubung.

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